Recht und Gesetz

Katzenrecht

Herrenlos? Gibt es nicht!

von | 05. Oktober 2021

En­ga­gier­te Kat­zen­schüt­ze­rIn­nen ken­nen die Si­tua­ti­on nur zu gut: Sie wer­den von Bür­gern um Hil­fe ge­be­ten, eine Kat­ze ein­zu­fan­gen, die sich im­mer wie­der auf de­ren Grund­stück be­fin­det. Das Tier lässt nie­man­den an sich her­an­kom­men. Der Tier­schutz kann sie ein­fan­gen und stellt fest, dass sie nicht ge­kenn­zeich­net ist und ein Be­sit­zer nicht ohne wei­te­res ge­fun­den wer­den kann. Ist das Tier nun ein Fund­tier? Wenn ja, was be­deu­tet es dann?

Für die Ei­li­gen schrei­ben wir es gleich hier: Ein ver­wil­der­tes Haus­tier ohne fest­stell­ba­ren Be­sit­zer un­ter­liegt dem Fund­recht. Es ist nicht als her­ren­los zu be­han­deln, weil die Auf­ga­be des Ei­gen­tums durch Be­sitz­auf­ga­be ge­gen das Ver­bot ver­stößt, ein in mensch­li­cher Ob­hut ge­hal­te­nes Tier aus­zu­set­zen, um sich sei­ner zu ent­le­di­gen (§ 3 Nr. 3 TierSchG).

Städ­te und Ge­mein­den sind für Fund­sa­chen zu­stän­dig. Tie­re sind in der Recht­spre­chung laut § 90a BGB (Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch) wie Sa­chen zu be­han­deln. Da es für Fund­tie­re kei­ne ex­pli­zi­te Re­ge­lung gibt, müs­sen sich die Be­hör­den auch um Fund­tie­re kümmern. 

Was macht ein Fundtier zum Fundtier?

Was macht ein ge­fun­de­nes Tier zu ei­nem Fund­tier, um das sich eine Be­hör­de zu küm­mern hat? Zu­erst: Ein Wild­tier kann per Ge­setz kein Fund­tier sein. Ein Haus­tier je­doch kann ein Fund­tier sein. Was ge­nau ist ein Haus­tier? Eine Kat­ze ist per De­fi­ni­ti­on ein Haus­tier, denn sie stammt von Wild­kat­zen ab und wur­de be­reits vor vie­len tau­send Jah­ren do­mes­ti­ziert.

War­um wird bis­her nicht jede Haus­kat­ze, egal ob ver­wil­dert oder nicht, ob mit oder ohne Be­sit­zer, als Haus­tier ge­se­hen? Um das müss­ten die Be­hör­den sich, wenn ge­fun­den, küm­mern. Die Er­klä­rung liegt auf der Hand, denn ei­gent­lich wis­sen alle, dass es vie­le ver­wil­der­te Kat­zen gibt. Al­ler­dings möch­ten nur we­ni­ge Be­hör­den die Ver­ant­wor­tung — und da­mit die Kos­ten — da­für über­neh­men. Die­se Auf­ga­be wird vie­ler­orts von den Kat­zen­schüt­zern ge­leis­tet. Dies kos­tet den Ver­ei­nen oder auch Pri­vat­men­schen viel Geld und Aufwand.

Die Kom­mu­nen ent­wick­len man­cher­orts gro­ße Krea­ti­vi­tät und ent­wi­ckeln Kri­te­ri­en, um eine ge­fun­de­ne Haus­kat­ze per De­fi­ni­ti­on zu ei­nem her­ren­lo­sen Tier zu „de­gra­die­ren“. Da­für wä­ren die Be­hör­den näm­lich nicht mehr zuständig.

Nur, wie kann man bei ei­ner nicht ge­kenn­zeich­ne­ten Kat­ze fest­stel­len, dass sie ei­nen Be­sit­zer hat? Am flau­schi­gem Fell, ei­nem Hals­band und zah­men Ver­hal­ten? Das flau­schi­ge Fell wür­de viel­leicht als Kri­te­ri­um pas­sen, aber was ist mit ei­nem al­ten Ka­ter, der dann doch mal or­dent­lich zau­se­lig aus­se­hen kann? Und wie ist es mit den Kat­zen, die ih­ren Hal­tern ge­gen­über die größ­ten Schmu­ser sind, aber al­len an­de­ren Men­schen nur mit gro­ßer Angst be­geg­nen? Und das eine Kat­ze kein Hals­band tra­gen soll­te, ist vie­len Kat­zen­hal­tern zum Glück klar.

Doch wan­deln sich die An­sich­ten un­se­rer Ge­sell­schaft und die üb­li­che Aus­le­gung von Ge­set­zen hat sich geändert!

Was sagen die Verantwortlichen?

In vie­len Bun­des­län­dern gibt es hier­zu Er­las­se. Bei­spiel­haft sei hier die hes­si­sche Po­si­ti­on zitiert:

„Im Zwei­fel, ob es sich um ein Fund- oder her­ren­lo­ses Tier han­delt, hat die Fund­be­hör­de stets dem Fund­ver­dacht Vor­rang einzuräumen“.

Ent­spre­chen­de Er­las­se gibt es in Baden-Württemberg, Bay­ern, Bran­den­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Rhein­land-Pfalz, Sach­sen-An­halt und Schleswig-Holstein.

Das Ur­teil vom 26.04.2018 - BVerwG 3 C 24.16 bestätigt:

„Da das Ei­gen­tum an ei­nem Tier we­gen des tier­schutz­recht­li­chen Aus­set­zungs­ver­bots nicht wirk­sam auf­ge­ge­ben wer­den kön­ne, sei der Hund als Fund­tier zu behandeln.“

In dem Ur­teil wird zwar von ei­nem Hund ge­spro­chen, es ist aber über­trag­bar auf alle Haus­tie­re. Die Pres­se­mit­te­lung zum Ur­teil er­klärt es et­was verständlicher.

Fazit

Was kön­nen wir also zum The­ma an­geb­lich „her­ren­lo­ser“ Kat­zen festhalten?

Auch eine ver­wil­der­te Haus­kat­ze und wie­der­um ihre Nach­kom­men stam­men von ei­ner Haus­kat­ze ab, ha­ben da­mit ei­nen Be­sit­zer, der meist nicht mehr aus­fin­dig zu ma­chen ist. Recht­lich ist sie da­her zu be­han­deln wie eine Fundkatze.

Vier­lorts küm­mert si­cher der Kat­zen­schutz vor Ort um die un­kon­trol­liert wach­sen­den Kat­zen-Po­pu­la­tio­nen — also Fund­kat­zen — an de­nen häu­fig er­heb­li­che Schmer­zen, Lei­den und Schä­den im Sin­ne fest­zu­stel­len sind.

Definition „herrenlos“

Kraft Ge­set­zes „her­ren­los“ sind wil­de Tie­re (d. h. Tie­re wild­le­ben­der Ar­ten), so­lan­ge sie sich in Frei­heit be­fin­den oder wenn sie nach ei­nem vor­an­ge­gan­ge­nen Ge­wahr­sam wie­der endgültig in Frei­heit sind (§ 960 Abs. 1 und 2 BGB).

Definition „Fundtier“

Ein Fund­tier ist ein Tier, das be­sit­zer- aber nicht her­ren­los ist.

Ein Haus­tier ist kein Wild­tier und kann da­mit auch nie her­ren­los sein. Es war ir­gend­wann ein­mal in der Ob­hut ei­nes Menschen.

Ein Haus­tier kann je­doch „be­sit­zer­los“ sein, wenn es kei­nen Be­sit­zer hat.

Den Be­sitz ei­nes Haus­tie­ren kann man nicht auf­ge­ben, in­dem man sich nicht mehr um das Tier küm­mert. Zur Er­in­ne­rung der Wort­laut von § 3 Ab­satz 3 Tierschutzgesetz:

Es ist ver­bo­ten, ein im Haus, Be­trieb oder sonst in Ob­hut des Men­schen ge­hal­te­nes Tier aus­zu­set­zen oder es zu­rück­zu­las­sen, um sich sei­ner zu ent­le­di­gen oder sich der Hal­ter- oder Be­treu­er­pflicht zu entziehen.

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