In Leipzig wird über eine Katzenschutzverordnung diskutiert. Dabei ist das Leid freilebender Katzen längst bekannt: Viele sind krank, unterernährt oder verletzt. Trotzdem fehlt es bis heute an einer verbindlichen Regelung, um dieser Tiernot wirksam zu begegnen. Noch widersprüchlicher wird es, wenn ausgerechnet jene, die die Missstände beklagen, gleichzeitig seit Jahren deren Lösung behindern.

In Leipzig wird derzeit über die Einführung einer Katzenschutzverordnung diskutiert. Das überrascht insofern, als die Stadt seit Jahrzehnten Kastrationsaktionen durchführt – offenbar ohne dass sich die Lage für freilebende Katzen nachhaltig verbessert hätte. Das Tierleid bleibt sichtbar, wie Michael Sperlich, Geschäftsführer des Leipziger Tierheims „Erster Freier Tierschutzverein Leipzig und Umgebung e. V.“, in der Leipziger Volkszeitung² bestätigt: Er sehe das Problem täglich an den geschwächten Tieren, die ins Tierheim gebracht werden.
Doch trotz dieser Zustände wird die bisherige Praxis – punktuelle Kastrationen – öffentlich weiter als Erfolg dargestellt. Dabei sprechen die Daten einer aktuellen Studie eine andere Sprache: Über die Hälfte der eingefangenen Katzen ist von Parasiten, Infektionskrankheiten oder anderen Leiden betroffen.
Doppelte Botschaften, doppelter Schaden
Pikant ist dabei: Sperlich, der zugleich Vorsitzender des Sächsischen Landestierschutzverbands und Mitglied im Tierschutzbeirat ist, hat in den vergangenen Jahren selbst mit dazu beigetragen, dass politische Vorstöße zur Einführung von Katzenschutzverordnungen im Sächsischen Landtag scheiterten.² Nun kritisiert er öffentlich das Fehlen einer solchen Regelung – ein bemerkenswerter Widerspruch.
Auch auf lokaler Ebene sorgt sein Verein für eine Regelungspraxis, die Hilfe für Streunerkatzen faktisch aushebelt: Auf der Website des Vereins heißt es, dass wild lebende oder verwilderte Katzen „grundsätzlich keine Fundtiere“ seien. Diese Behauptung widerspricht der geltenden Rechtsprechung. Die Konsequenz: Viele Bürger:innen melden Sichtungen nicht – aus Unwissen oder aus Frustration –, und die Katzen werden weder kastriert noch medizinisch versorgt. Hinweise auf Hilfsangebote? Fehlanzeige.
So entsteht ein Teufelskreis aus Desinformation, Unterversorgung und weiterem Tierleid. Gleichzeitig gibt es keinerlei Transparenz über das tatsächliche Ausmaß der Population. Kein Wunder, dass Sperlich in der LVZ einräumt, belastbare Zahlen zur Streunerpopulation fehlten – viele dieser Katzen „seien schwer sichtbar“. Sie werden schlicht ignoriert.
Politik ohne Wille ist Tierschutz ohne Wirkung

Hinzu kommt: Sperlich kritisiert die gesetzliche Grundlage für Katzenschutzverordnungen – insbesondere die Anforderungen nach § 13b Tierschutzgesetz – als untauglich. Dabei zeigen juristische Einschätzungen deutlich: Kommunen können sehr wohl rechtssicher handeln. Es braucht dafür nur eins: den politischen Willen.
Doch genau der fehlt vielerorts. Tierschutz wird kommunal noch immer vor allem als Kostenfaktor betrachtet. Dass Ehrenamtliche seit Jahren erhebliche Mittel und Zeit aufwenden, um das zu kompensieren, wird stillschweigend in Kauf genommen.
Zeit zu handeln

Solange zentrale Akteure im Tierschutz einerseits das Leid öffentlich beklagen, andererseits aber die aktuell möglichen strukturellen Mittel boykottieren, wird sich an der Lage freilebender Katzen nichts ändern. Auch nicht in Leipzig.
Wir sollten aufhören, uns hinter Gesetzesauslegungen zu verstecken – und anfangen, die Möglichkeiten zu nutzen, die wir längst haben.
¹ Mehr Schutz für Katzen: Leipzig diskutiert Kastrations- und Chippflicht, Artikel in der Leipziger Volkszeitung vom 9. Juli 2025; Der Artikel ist hinter einer Bezahlschranke online verfügbar.
² siehe auch: Der Tierschutzverband Sachsen und die Katzenschutzverordnung, eine zeitliche Einordnung der Positionen des Tierschutzverbands Sachsen