Der Abschuss von Hauskatzen hilft weder dem Artenschutz, noch wird dadurch das Leid obhutloser Katzen nachhaltig verringert. Es gibt auch keine Regelung, die es verbietet, Hauskatzen in den unkontrollierten Freigang zu lassen. Trotzdem werden jedes Jahr viele Katzen erschossen, weil sie angeblich wildern.
Eine genaue Zahl, wie viele Hauskatzen geschossen werden, ist nicht zu ermitteln, da das Jagdrecht die Dokumentation für erschossene Haustiere nicht verlangt – dies sei zuviel Bürokratie.
Die Zielsetzungen des Tierschutzes und der Jägerei unterscheiden sich: Die einen wollen durch Unfruchtbarmachung die Populationen obhutloser Katzen auf Dauer nachhaltig kontrollierbar machen, also reduzieren. Die anderen wollen durch die Abschüsse von Katzen angeblich Wildtiere schützen.
„In Bezug auf Katzen lässt sich nämlich festhalten, dass sie zwar andere Tiere gefährden, bei diesen Tieren handelt es sich aber ganz überwiegend um solche Tierarten, die nicht als „Wild“ im Sinne des Jagdrechtes einzustufen sind. Mageninhalts-Untersuchungen aus den 1970er Jahren haben z.B. ergeben, dass sich auch verwilderte Katzen zu mindestens zwei Dritteln von Nagern (Mäuse, Ratten), oder aber auch von Singvögeln ernähren. […] Das Gleiche gilt für Reptilien. Als jagdbare Tierarten, die im Frühstadium durch Katzen gefährdet werden können, verbleiben nach diesen Untersuchungen daher praktisch nur das Wildkaninchen und (mit einem höchst geringen Prozentsatz) der Feldhase.“
Quelle: „Tötung von Haustieren im Rahmen des Jagdschutzes“
Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierrecht e. V.
Kann der Abschuss von Hauskatzen helfen?
Situationsbetrachtung am Beispiel Schleswig-Holstein
Im Jahr 2024 wurden im Rahmen der landesweiten Kastrationsaktionen insgesamt 1.718 obhutlose Katzen kastriert. Jäger erschossen zwischen April 2023 und März 2024 insgesamt 2.580 Katzen - ob diese Tiere unkastriert waren oder Besitzer hatten, ist unklar.
Der Deutsche Tierschutzbund berichtet, dass in fünf Bundesländern (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Saarland) zwischen 2007 und 2022 fast 160.000 Katzen getötet wurden.
PETA Deutschland schätzt die Zahl der in Deutschland getöteten Katzen auf etwa 200.000 Tiere pro Jahr.
In Schleswig-Holstein können wir bei 2,95 Millionen Einwohnern und einer überwiegend ländlichen Region von einer halben Million Hauskatzen mit Besitzern ausgehen, davon gut 50.000 unkastriert.
Auf Grund der ländlichen Prägung können wir von einem hohen Anteil an Freigängerkatzen ausgehen. Des Weiteren gehen wir von 60.000 obhutlosen Katzen aus – laut Daumenregel zählt man eine obhutlose Katze pro ungefähr 50 Einwohner.
Maßnahmen wirken nicht
Die Studie des Ministeriums von Sachsen-Anhalt weisst zudem nach, was Tierschützende auch ohne große Studie wissen: Kastrationsaktionen wirken nur dann dauerhaft, wenn Katzenhalter ihre Freigängerkatzen konsequent kastrieren lassen.
Die Jägerei hat eine starke Lobby: Statt Hauskatzen zu töten, sollten JägerInnen ihren Einfluss für Katzenschutzverordnungen und für mehr Kastrationsfördergelder nutzen.
Solange weiterhin jährlich viele Rebhühner geschossen werden, obwohl sie auf der Roten Liste stehen, ist die Argumentation „Wildtierschutz“ für das Tun der Jäger unglaubwürdig. Diese Vögel sind übrigens auch deshalb gefährdet, weil sie gejagt werden.
Freilaufende Katzen fangen hauptsächlich Mäuse, deswegen wurden sie domestiziert und auch heute noch gerne auf Bauernhöfen „gehalten“. Allerdings gehören auch Singvögel und Amphibien zu den Beutetieren der Katzen – laut einer Untersuchung von Mageninhalten sind diese Tiere aber in der Minderzahl.
Diese Tiere sind aber im Sinne des Jagdrechts keine Wildtiere. Also welches Wild möchte die Jägerschaft mit dem Abschuss von Hauskatzen schützen? Um eine Verpaarung von Wildkatzen mit Hauskatzen zu verhindern, reicht es, sich für die Kastration von Freigängerkatzen einzusetzen.
Solange es keine Regelung gibt, die den Freigang von Hauskatzen grundsätzlich reglementiert, ist der Abschuss von Hauskatzen weder rechtlich nachvollziehbar noch ethisch vertretbar. Auch ein nachhaltiger Schutz von Wildtieren ist durch den Abschuss von Hauskatzen nicht nachgewiesen.
Eine nachhaltige Reduktion obhutloser Hauskatzen kann nur durch konsequentes Kastrieren von Freigängerkatzen erreicht werden. Dafür brauchen wir flächendeckend Verordnungen, die die Kastration von Freigängerkatzen verlangt.
Lest hier das Interview von PetBOOK mit dem Präsidenten des Deutschen Jagdverbands über den Abschuss von Hauskatzen.