Eine Katze zog mitsamt dosenöffnender Familie ins Dorf. Es war ein äußerst ansehnliches Tier, dazu noch schlau und freundlich — und neugierig, denn es war alles ungewohnt. Offenbar suchte es Kontakt — zu eigenen Bedingungen. Das kam nicht bei allen gut an. Aber der Reihe nach:
„Maouu, maouuu, mrrauooo!“, schallte es seit ein paar Tagen immer mal wieder in mein Büro. Wenn ich rausschaute, konnte ich nichts sehen. Auch im Keller fand ich nichts und niemanden. Kurz darauf zeigte sich die Tonquelle: Eine mir unbekannte große rote Katze spazierte gerade ganz entspannt durchs Tor in den Garten!
Ein Foto des Hinterteils reichte der dörflichen Katzenwächterin, um geschwind herausfinden, dass es ein Neuzugang war. Die Katze war mit ihrer Familie zu uns ins Dorf gezogen. Ich war glücklich, dass es kein ausgesetztes oder streunendes Tier war.
Das Glücksgefühl hielt nicht lange an: Kurze Zeit später verhielten sich meine kätzischen Mitbewohner nachts sehr merkwürdig. Mein Mann stand auf und schaute in der Küche nach. Er war sicher, dass dort etwas anders war, konnte jedoch nichts Konkretes ausmachen. Also ging er wieder ins Bett. Kurz darauf gab es ein lautes Gemaunze aus dem Erdgeschoss und es war klar: Es gibt ein Katzen-Problem!
So wach wie man nachts um 2 Uhr sein kann, sauste diesmal ich in die Küche, um meinen Katzen zur Hilfe zu kommen. Gerade noch so eben konnte ich das bereits bekannte rote Hinterteil erkennen, wie es sich durch die Katzenklappe aus der Küche in den Keller zwängte. Ich nahm die Verfolgung auf und beobachtete, wie das Tier sich durch die zweite Katzenklappe vom Keller ins Freie drückte.
Die Situation war weitgehend neu: Lediglich ein Waschbär hatte vor einigen Jahren den Zauber der Katzenklappen durchschaut. Er stufte das Haus als interessant ein und schlurfte des nächtens bis ins Schlafzimmer, wo wir uns verwirrt anschauten. Er bekam Besuchsverbot und hielt sich daran.
Die vielen Dorfkatzen dagegen hatten bisher noch kein weiterführendes Interesse daran gezeigt, zu uns durch die Klappen ins Haus zu kommen. Das sollte auch so bleiben — aber zuerst musste ich mich natürlich um den verirrten Besucher kümmern.
Zurück in der Küche überlegte ich: „Was tun?“. Ein Blick in den Hof zeigte mir, dass die Katze nicht verschüchtert das Weite gesucht hat, sondern im Schutz des Autos hockte und vermutlich darauf wartete, dass ich wieder ins Bett ging. Die Näpfe meiner Miezen waren ja noch nicht abschließend ausgeleckt. Oder, überlegte ich, das arme Tier findet nicht mehr nach Hause! Dazu durchs nun offene Fenster befragt, antwortete es mir mit einem kläglichen „Mmmiauii!“. Der Fall war da für mich sonnenklar: Es brauchte meine Hilfe!
Mit Leckerlis ausgestattet zog ich los, um das Tier nach Hause zu bringen. Dabei bestätigte sich auch, dass es sich um ein Bild von einem — unkastrierten — Kater handelte. Ein sehr großes und kräftiges Tier, mit einem unglaublich dicken Kopf und noch viel dickeren — Klöten! Ach herrjeh! Aber dass es sich um einen Kater handelte, verriet mir schon seine „Duft“-Spur bei uns in Haus und Keller.
Die nächsten Tage wurde eine Katzenklappe mit Sensor eingebaut. Auch wenn mein Mann und ich Katzen lieben: Ein unkastrierter Kater ist kein gern gesehener Gast bei uns! Mir ist es ein Rätsel, wie die neuen Dorfbewohner mit dem Kater zurechtkommen — niemand mag den penetranten Geruch markierender Kater riechen, oder etwa doch?
Übrigens: Der wahre Leidtragende war unser ängstlicher Kater Kalle. Die neue Klappe war ihm nicht geheuer. Er traute sich einige Zeit nicht, durch dieses gruselig saubere Ding zu schlüpfen, das immer „Klick“ machte, wenn er näher kam. Da wartete er lieber unterm Busch, bis ich mir Sorgen machte und nach ihm rief, damit er — durch die offene Tür — nach Hause kommen konnte.
Zum Glück sind im Dorf die Katzen und Kater kastriert und unsere dörfliche Katzenwächterin wird die Besitzer auf die Notwendigkeit der Kastration ansprechen. Vermutlich werden auch andere Bewohner — so wie auch ich — es bei Gelegenheit thematisieren. Eine Katzenschutzverordnung gibt es leider nicht in der Gemeinde. So sind wir auf die Einsicht der Halter angewiesen.
Wie gut wäre eine Klötenkontrolle, bevor ein Kater ins Freie gelassen würde: Schnüffel, schnüffel — du hast noch Klöten? Aber ab nach Hause!