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Katz'-Blog

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Anke Hennig: Viele Worte, wenig Expertise

Keine Schnitte!

von | 6. November 2024

Fin­det eine po­li­ti­sche Ver­an­stal­tung in un­se­rer Nähe statt, die sich mit Kat­zen­schutz be­schäf­tigt — na dann sind wir von Po­li­tik für die Katz’ na­tür­lich schwer in­ter­es­siert! So be­such­ten wir am 28. Ok­to­ber 2024 die Po­di­ums­dis­kus­si­on der SPD Bad Schwal­bach (Hes­sen) zum The­ma Haus­tier­schutz. Ob da­bei et­was herauskam?

„Gibt’s denn Schnitt­chen?“, frag­te ich mei­ne PfdK-Che­fin auf der Hin­fahrt. Der stren­ge Blick vom Bei­fah­re­rin­nen­sitz ließ mich ver­stum­men. So wa­ren die Ge­räu­sche mei­nes lee­ren Ma­gens noch bes­ser zu hö­ren. Die Che­fin stell­te das Ra­dio lauter.

An­ge­kom­men in dem ehr­wür­di­gen Ge­bäu­de stell­te ich er­freut fest, dass bis­her nur we­ni­ge Gäs­te da wa­ren. Ich wür­de mich un­ge­hin­dert aufs Buf­fet stür­zen kön­nen! Su­chend schau­te ich mich um und er­kann­te so­wohl mein Pro­blem als auch das der ver­an­stal­ten­den SPD: Statt ei­nes lan­gen, schwer be­la­de­nen Tischs mit Le­cke­rei­en und in­spi­rie­ren­den Ge­trän­ken, die mir ge­hol­fen hät­ten, das Kat­zen­elend schön zu trin­ken, stan­den da we­ni­ge, kaum fin­ger­di­cke Knus­per­stan­gen her­um. Das staub­tro­cke­ne Zeugs soll­te man of­fen­bar mit Was­ser hinunterspülen.

Das Bild pass­te zum Elend der SPD: Man glaubt of­fen­bar im­mer noch, dass ei­ni­ge aus­ge­leg­te rote Plas­tik­ku­gel­schrei­ber mit Par­tei­lo­go aus­rei­chen, um Be­geis­te­rung für die Ge­nos­sIn­nen aus­zu­lö­sen. Dass die Auf­bruchs­zei­ten von Wil­ly Brandts „Mehr De­mo­kra­tie wa­gen“ vor­bei sind, war mir ja be­wusst — aber dass die So­zis so weit am Bo­den liegen …

Zum Thema!

SPD-Veranstaltung zum Tierschutz mit Anke Hennig; 28.10.2024, Bad SchwalbachHat­te ich schon die Schnitt­chen er­wähnt, mit de­nen ich fest ge­rech­net hat­te? Schließ­lich war ho­her Be­such aus Ber­lin an­ge­kün­digt — und den wür­de man doch wohl nicht mit kaum zwei Dut­zend win­zi­gen Ge­bäckstan­gen ab­spei­sen? Der po­li­ti­sche Star des Abends war Anke Hen­nig. Sie ist Mit­glied des Bun­des­tags und Spre­che­rin der SPD-Bun­des­tags­frak­ti­on für Tier­schutz. Dort, wo ge­ra­de über die No­vel­le des Tier­schutz­ge­set­zes be­ra­ten wird, sitzt sie mit am Tisch.

Viel Fach­kun­de also, dach­te ich. Auch mit lee­rem Ma­gen wür­de ich den Abend gut über­ste­hen, wenn Frau Hen­nig — mit Kennt­nis­sen di­rekt aus dem Zen­trum der Macht — tie­fe Ein­sich­ten ins po­li­ti­sche Ber­lin prä­sen­tie­ren wür­de. Es war span­nend: Gab’s Neu­es über Plä­ne ei­ner bun­des­wei­ten Katzen­schutz­ver­ord­nung? Er­wähnt wird die­se Idee ja im­mer mal wie­der. Zu Recht, aber Ar­beit an ei­ner kon­kre­ten Um­set­zung war bis­her nicht zu erkennen.

Die Ex­per­tin aus Ber­lin ließ aber in Bad Schwal­bach nach kur­zer Zeit ver­lau­ten, dass sie für eine Bun­des­kas­tra­ti­ons­ver­ord­nung „kämp­fen“ wür­de. Wenn das kei­ne Hoff­nung gibt!

Der aktuelle Stand

An­de­rer­seits hat­ten wir uns et­was vor­be­rei­tet und im Lau­fe der Re­cher­che bald be­merkt, dass da in Ber­lin zu dem The­ma eher we­nig pas­siert. Ein paar maue Er­wäh­nun­gen in der Le­sung im Bun­des­tag und dem zu­stän­di­gen Aus­schuss. In den Ge­setz­ent­wurf hat es die bun­des­wei­te Re­ge­lung je­den­falls bis­her nicht ge­schafft. Den Kampf für eine Sa­che stel­le ich mir an­ders vor. Im Detail:

  • Der ers­te Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung vom 24. Mai 2024 ent­hielt kein Wort zu ei­ner bun­des­wei­ten Katzen­schutz­ver­ord­nung.1
  • Der Ent­wurf ging dann an den Bun­des­rat, der in sei­ner Stel­lung­nah­me vom 5. Juli 2024 das Feh­len ei­ner bun­des­wei­ten Re­ge­lung nicht be­män­gel­te.2
  • In der 1. Le­sung zum Ge­setz­ent­wurf, die im Bun­des­tag am 26. Sep­tem­ber 2024 statt­fand, schweb­te kurz­zei­tig ein leich­ter Hauch ei­ner bun­des­wei­ten Kas­tra­ti­ons­re­ge­lung durch den Ple­nar­saal — al­ler­dings wies Anke Hen­nig in le­dig­lich zwei Sät­zen dar­auf hin, dass die­ser Punkt bis­her fehl­te.3 Das war’s dann aber auch. Ihr kur­zer Ein­wurf fand mehr als vier Mo­na­te statt, nach­dem der ers­te Ge­setz­ent­wurf vor­ge­legt wur­de. Sieht so ihr „Kampf“ aus?
  • Der Bun­des­tag über­wies die Ge­set­zes­no­vel­le an den Aus­schuss für Er­näh­rung und Land­wirt­schaft. Der Aus­schuss be­schloss dann eine Ex­per­ten­an­hö­rung, die am 14. Ok­to­ber 2024 durch­ge­führt wur­de (sie­he Kas­ten „Hat je­mand was ge­sagt?“).4 Hier spiel­te eine Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung nur eine un­ter­ge­ord­ne­te Rol­le, die sich in zwei kur­zen Wort­bei­trä­gen dar­auf be­schränk­te, dass man eine bräuchte.

Bis hier­hin ist eine „Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung“ er­kenn­bar nichts wei­ter als eine Idee, die noch dazu le­dig­lich am Ran­de dis­ku­tiert wird. Die Fra­ge liegt auf der Zun­ge: Ist die Ein­füh­rung ei­ner sol­chen Ver­ord­nung in An­be­tracht die­ser Nicht-Ent­wick­lung der letz­ten Mo­na­te realistisch?

PfdK zur Bundeskatzenschutzverordnung

Bundeskatzenschutzverordnung

Auf un­se­rer Ex­tra­sei­te zur Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung stel­len wir In­for­ma­tio­nen zum The­ma zusammen.

Hennig und die FDP

Aus dem Pu­bli­kum ka­men be­rech­tig­te Zwei­fel. Kirs­ten Tön­nies, De­le­gier­te der Lan­des­tier­ärz­te­kam­mer Hes­sen und en­ga­gier­te Tier­ärz­tin aus Hat­ters­heim, zeig­te auf den Ele­fan­ten im Saal: die FDP. Mit ih­ren Be­den­ken hat­te sie na­tür­lich Recht, denn wie soll­te eine bun­des­wei­te Ver­ord­nung mit die­ser kaf­ka­es­ken Nein­sa­ger­par­tei um­ge­setzt wer­den, die in fast je­der sinn­vol­len Re­ge­lung ein dra­ma­ti­sches Ende der Frei­heits­rech­te in un­se­rem Land sieht?

Zu wohl nicht nur mei­ner Über­ra­schung ver­scheuch­te Anke Hen­nig den Ele­fan­ten je­doch ele­gant: Man sei sich in der Am­pel­ko­ali­ti­on dies­be­züg­lich ei­nig! Welch eine un­er­war­te­te Wen­dung! Konn­te das stim­men, was die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te da aus den Ver­hand­lun­gen aus­plau­der­te — oder war Frau Hen­nig auf­grund der feh­len­den Schnitt­chen le­dig­lich un­ter­zu­ckert und er­zähl­te „ir­gend­was“?

Soll­ten wir also in ab­seh­ba­rer Zeit un­se­re Ar­beit ein­stel­len kön­nen, weil die Po­li­tik den Kat­zen­schutz end­lich so re­geln wird, wie es sein muss? Wenn bun­des­weit (!) Kenn­zeich­nung, Re­gis­trie­rung und Kas­tra­ti­on der Kat­zen ver­bind­lich ein­ge­führt wer­den, dann könn­ten wir un­se­re Web­site ab­schal­ten. Wir hät­ten end­lich wie­der mehr Zeit für Gar­ten­ar­beit, gute Bü­cher und die Be­kämp­fung von Wollmäusen.

Hennig und das 5-Millionen-Loch

Nun war die Katzen­schutz­ver­ord­nung nicht das ein­zi­ge The­ma des Abends. Auf ein­dring­li­che Art schil­der­ten Ak­ti­vis­tin­nen mehr­fach die dra­ma­ti­sche Lage in den Tier­hei­men. Auch hier­zu konn­te Frau Hen­nig et­was bei­tra­gen und er­wähn­te den Fall in Ham­burg. Das dor­ti­ge Tier­heim wür­de schlie­ßen, so ver­kün­de­te sie. Der Grund sei eine Fi­nan­zie­rungs­lü­cke von 5 Mil­lio­nen Euro. Sie per­sön­lich wür­de sich da­für ein­set­zen, das Pro­blem zu lö­sen. So se­hen Hel­din­nen aus, oder?

SPD-Veranstaltung zum Tierschutz mit Anke Hennig; 28.10.2024, Bad SchwalbachFür das ver­nehm­li­che Ma­gen­grum­meln war dies­mal nicht ich ver­ant­wort­lich. Es kam vom Stuhl ne­ben mir: Die PfdK-Che­fin schau­te mich kopf­schüt­telnd an. Ich er­in­ner­te mich, dass sie im Aus­tausch mit dem Tier­heim steht und ich wuss­te: Sie wuss­te da was. Oder bes­ser: Sie wuss­te nichts von ei­ner Schlie­ßung. Am nächs­ten Tag frag­te sie si­cher­heits­hal­ber in Ham­burg nach und be­kam als Ant­wort des Vor­stands des Ham­bur­ger Tier­schutz­ver­eins von 1841 e. V. die­se Zeilen:

„Mei­ne Güte, wie kommt sie denn da drauf??? Na­tür­lich schließt das TH Süd­er­stra­ße nicht, falls wir ge­meint sind.“

Nanu? Die Aus­sa­ge passt so gar nicht zu­sam­men mit der Anke Hennigs.

Hennig und die Steuern

Das Geld, vor al­lem wenn es fehlt, ist im­mer ein Pro­blem. Die SPD in Bad Schwal­bach spart des­we­gen bei den Schnitt­chen. Aber auch im Tier­schutz wird über­all ge­klagt. Im Lau­fe der Ver­an­stal­tung wur­de mehr­fach auf die meist pre­kä­re Kos­ten­si­tua­ti­on in vie­len Tier­hei­men hin­ge­wie­sen. Die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te, die bei man­chen ver­mut­lich be­reits schon jetzt Hel­din­nen­sta­tus hat­te, schlug hier­zu en­er­gisch vor, ei­nen fest­ge­leg­ten Pro­zent­satz der Hun­de­steu­er für die Fi­nan­zie­rung der Tier­hei­me zu nutzen.

Als Anke Hen­nig die­se Idee aus dem Är­mel schüt­tel­te, rück­te ich merk­lich auf mei­nem Stuhl her­um. Der Grund da­für war we­ni­ger der ge­sell­schaft­li­che Spreng­stoff, den die­se kurz­sich­ti­ge Idee ent­hielt: War­um soll­ten aus­drück­lich Hun­de­hal­te­rIn­nen für die­se kom­mu­na­le Auf­ga­be ei­nen Ex­tra-Bei­trag leisten?

Nein, mich trieb um, dass Steu­ern nicht zweck­ge­bun­den er­ho­ben wer­den dür­fen.5 Das wird im ers­ten Tri­mes­ter ei­nes Volks­hoch­schul­kur­ses „Staats­bür­ger­li­ches All­ge­mein­wis­sen für An­fän­ge­rIn­nen I“ ge­lehrt — und die­se „Ex­per­tin“ aus Ber­lin wuss­te das eben­so we­nig wie ihre in der Ver­an­stal­tung an­we­sen­den Par­tei­kol­le­gen? Oder ha­ben die nur nichts ge­sagt, da­mit ihre Speer­spit­ze aus Ber­lin nicht bloß­ge­stellt wür­de? Tja, so geht’s, wenn man das Po­di­um gar zu har­mo­nisch besetzt.

„Das mit den Steu­ern war doch nur mal so eine Idee, ich ken­ne mich da nicht wei­ter aus“, so be­geg­ne­te Frau Hen­nig wäh­rend des Small­talks am Ende der Ver­an­stal­tung recht ge­nervt mei­nem Ein­wand. Ein we­nig tat mir die en­ga­gier­te, aber doch recht hilf­lo­se Kämp­fe­rin für den Kat­zen­schutz leid.

„Naja, wo­her soll sie das mit den Steu­ern wis­sen?“, ver­such­te ich auf der Heim­fahrt eine Ver­tei­di­gung. „Ihr Fi­nan­zie­rungs­vor­schlag ist zwar ab­surd, aber wo­her soll sie sol­che De­tails ken­nen? Sie sitzt ja erst seit drei Jah­ren im Bun­des­tag!“ „Sie ist seit knapp 40 Jah­ren in der Po­li­tik“, er­wi­der­te mei­ne PfdK-Che­fin er­bar­mungs­los. „Das mit der Ver­wen­dung von Steu­ern weiß ver­mut­lich un­se­re Kat­ze besser!“

Hennig und die Expertise

Na­tür­lich ist es zu be­grü­ßen, wenn sich Po­li­ti­ker­Innen für Tier­schutz ein­set­zen. Eben­so ist es klas­se, dass es In­for­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen hier­zu gibt. Al­ler­dings wäre es wün­schens­wert, wenn sol­che Auf­trit­te wie der der SPD-Tier­schutz­be­auf­trag­ten in Bad Schwal­bach we­ni­ger von „eben mal so da­her­ge­sagt“ ge­prägt wür­den, als viel­mehr von Ex­per­ti­se und dem Wil­len zu Wil­ly Brandts Vi­si­on von „mehr Demokratie“.

Sie wür­de die vie­len Wort­bei­trä­ge mit nach Ber­lin neh­men, mein­te die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te. Es soll­te wohl rü­ber­kom­men, dass da eine ist, die sich küm­mert und die man wäh­len soll­te. Auf­grund der man­geln­den Ex­per­ti­se von Frau Hen­nig ist das für mich kei­ne Option.

Rück­bli­ckend kam mir der Abend vor wie eine schlecht ge­tarn­te Wahl­kampf­ver­an­stal­tung mit kon­tra­pro­duk­ti­vem Aus­gang. Es lei­det nicht nur die Glaub­wür­dig­keit sol­cher „Ex­per­tIn­nen“, son­dern auch die der Po­li­tik ins­ge­samt, wenn zwei­fel­haf­te oder un­wah­re Bei­trä­ge ver­brei­tet werden.

Hennig und die Bundeskatzenschutzverordnung

Se­hen wir der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten die Un­kennt­nis im Steu­er­recht nach. Ver­zei­hen wir ihr die of­fen­bar fal­sche Dar­stel­lung zur an­geb­li­chen Schlie­ßung des Ham­bur­ger Tier­heims. Es ging uns doch vor­nehm­lich um In­for­ma­tio­nen zu ei­ner mög­li­chen bun­des­wei­ten Katzenschutzverordnung!

Des­halb frag­te die PfdK-Che­fin am Ende der Ver­an­stal­tung, ob denn nun eine bun­des­wei­te Katzen­schutz­ver­ord­nung kom­me oder nicht. Mir klang noch die Aus­sa­ge der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten in den er­freu­ten Oh­ren, dass sich SPD, Grü­ne und FDP hier­über an­geb­lich ei­nig seien.

Die Hel­din ru­der­te nun al­ler­dings er­kennt­lich zu­rück: Wenn man nicht in den an­de­ren Punk­ten ei­ni­gen kön­ne — als Bei­spiel wur­de die An­bin­de­hal­tung ge­nannt — dann wür­de das ge­sam­te Pa­ket schei­tern. Wun­dert sich da noch je­mand, war­um so vie­le Men­schen in un­se­rem Land im­mer we­ni­ger Ver­ständ­nis für die ge­leb­te Po­li­tik haben?

Beifall der CDU/CSU zur Kastrationspflicht für KatzenAlle Re­gie­rungs­frak­tio­nen sol­len nach Hen­nigs Aus­sa­ge eine bun­des­wei­te Katzen­schutz­ver­ord­nung wol­len. In der Bun­des­tags­de­bat­te vom 26. Sep­tem­ber 2024 ap­plau­diert so­gar die CDU/C­SU-Frak­ti­on, als Anke Hen­nig die Kas­tra­ti­ons­pflicht für Kat­zen er­wähn­te.6 Was will man mehr?

So­zu­sa­gen ei­nen Atem­zug spä­ter stellt sie aber klar, dass die­se Ei­nig­keit nichts mehr Wert sei, wenn man sich über an­de­re Fra­gen des Tier­schut­zes nicht ei­ni­gen kön­ne! Na­tür­lich sind mir die­se po­li­ti­schen Me­cha­nis­men be­kannt — aber wie­so kommt nie­mand auf die Idee, sie im Sin­ne des un­be­strit­te­nen Kat­zen­leids mal zu über­win­den? Wie­so kommt nie­mand auf die Idee, mehr De­mo­kra­tie zu wagen?

Mehr wagen!

Eine sol­che „po­li­ti­sche Rea­li­tät“, wie Anke Hen­nig das nann­te, de­gra­diert das Staats­ziel Tier­schutz zu ei­ner all­ge­mei­nen Ver­hand­lungs­mas­se. Es wer­den letzt­lich par­tei­po­li­ti­sche Kämp­fe aus­ge­foch­ten mit ei­nem The­ma, das weit dar­über er­ha­ben sein muss. Das ist, mit Ver­laub, zum Kot­zen. Mir fällt Ein­stein ein, der ge­sagt ha­ben soll: Die De­fi­ni­ti­on von Wahn­sinn ist, im­mer wie­der das Glei­che zu tun und an­de­re Er­geb­nis­se zu erwarten.

Die­ses ewig wie­der­keh­ren­de po­li­ti­sche Ge­scha­che­re, das bil­li­gend in Kauf nimmt, wenn ele­men­ta­re Wer­te un­se­rer Ge­sell­schaft auf der Stre­cke blei­ben, wird stan­dard­mä­ßig und auf al­len po­li­ti­schen Ebe­nen prak­ti­ziert. Wer ver­denkt es den Men­schen, dass sie wü­tend wer­den über die­ses Gekungele?

SPD-Veranstaltung zum Tierschutz mit Anke Hennig; 28.10.2024, Bad Schwalbach

Die Rote zwi­schen al­len Stüh­len: Anke Hen­nig, Spre­che­rin der SPD-Bun­des­tags­frak­ti­on für Tierschutz

Die Men­schen wen­den sich ab von ei­ner Po­li­tik, die sich meist in den sel­ben ein­ge­fah­re­nen Bah­nen be­wegt. Der Po­li­tik fehlt häu­fig die Kraft, grund­le­gen­de Din­ge zu än­dern, die ge­än­dert wer­den müs­sen. Und könn­ten! Wenn in die­ser Si­tua­ti­on nun eine AfD mit ih­ren ein­fa­chen Re­zep­ten kommt, dann ist das für man­che si­cher ver­lo­ckend. Wer die De­bat­te ums Tier­schutz­ge­setz ver­folgt hat, wird aber be­merkt ha­ben, dass die AfD sich da­für ein­setzt, dass wei­ter­hin Wild­tie­re in Zir­kus­sen auf­tre­ten. Für eine Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung da­ge­gen setzt sich dort nie­mand ein. Die Po­si­ti­on der AfD ist nicht nur zum The­ma Tier­schutz beschämend.

Wenn sich Po­li­ti­ker­Innen der Am­pel­ko­ali­ti­on ei­nig sind über die bun­des­wei­te Katzen­schutz­ver­ord­nung, wenn sie heu­te da­für lo­cker eine Mehr­heit zu­sam­men be­kom­men, dann be­schließt sie! Das wird aber nicht ge­sche­hen, weil die al­ten Re­zep­te des po­li­ti­schen Schacherns wei­ter­hin An­wen­dung fin­den und das „Kämp­fen“ ei­ner Anke Hen­nig nicht mehr als ein wohl­fei­ler Schau­kampf ist.

Meine Prognosen

Ob nun die Ko­ali­ti­on in den nächs­ten Wo­chen aus­ein­an­der­bricht oder bis zum Ende hält, wird für den Kat­zen­schutz nicht re­le­vant sein. Im ers­ten Fall wird die No­vel­le nicht ver­ab­schie­det wer­den. Im zwei­ten wird nie­mand mehr eine Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung hin­ein­ver­han­deln. Mit den bis­he­ri­gen zar­ten Ver­su­chen steu­ern die Tier­schutz­be­auf­trag­te der SPD und ihre Mit­strei­te­rIn­nen bes­se­ren Kat­zen­schutz vor die Wand.

Frau Hen­nig, ich möch­te Ih­nen eine Wet­te an­bie­ten. Für den Fall, dass wir in die­ser Le­gis­la­tur­pe­ri­ode eine Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung be­kom­men, wäre mein Ein­satz eine Ein­la­dung zu ei­nem gro­ßen Buf­fet. Wir wer­den Schlem­men was das Zeug hält und un­se­re Bäu­che wer­den ver­gnüg­te Lau­te von sich geben.

Als Ein­satz von ih­rer Sei­te er­war­te ich nach mei­nen Er­fah­run­gen aus Bad Schwal­bach nicht mehr als ei­nen bil­li­gen SPD-Ku­gel­schrei­ber und eine tro­cke­ne Knus­per­stan­ge. Viel­leicht le­gen Sie ja noch ei­nen wei­te­ren Ein­satz drauf und be­le­gen die­sen VHS-Kurs in Steuerrecht?

Frank Jer­mann

Hat jemand was gesagt?

Wel­che Ex­per­tIn­nen ha­ben das The­ma Bun­des­kat­zen­schutz­ver­ord­nung in der Aus­schuss­sit­zung am 14. Ok­to­ber 2024 erwähnt?

Die fol­gen­den ExperInnen/Organisationen ha­ben zum The­ma Bun­des­kat­zen­schutz­ver­od­nung ausgeführt:

auf Vor­schlag von

Dr. Bar­ba­ra Fel­de, Rich­te­rin am Ver­wal­tungs­ge­richt Gie­ßen und stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de der Deut­schen Ju­ris­ti­schen Ge­sell­schaft für Tier­schutz­recht e. V. be­män­gel­te die im Ge­setz­ent­wurf feh­len­de Bundeskatzenschutzverordnung.

Bündnis90/Die Grü­nen

Deut­scher Tier­schutz­bund (Dr. Es­ther Mül­ler, Ge­schäfts­füh­re­rin Wis­sen­schaft) for­dert eine bun­des­wei­te Katzen­schutz­ver­ord­nung. In der zwei­ten Fra­ge­run­de be­grün­det sie die Not­wen­dig­keit ei­nes bun­des­wei­ten Kastrationsgebots.

SPD

Die fol­gen­den ExpertInnen/Organisationen ha­ben zum The­ma Bun­des­kat­zen­schutz­ver­od­nung nichts ausgeführt:

Baye­ri­scher Bauernverband

CDU/CSU

Dr. Alex­an­dra Dör­nath, Tier­me­di­zi­ne­rin, Ex­per­tin für Wild­tie­re und exo­ti­sche Haustiere

Zi­tat: „Frei­gän­ger­kat­zen sind ein gro­ßes Pro­blem für den Ar­ten­schutz, sie be­dro­hen die Diversität.“

AfD

Aria­ne Kari, Be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung für den Tierschutz

SPD

Bun­des­ver­band Prak­ti­zie­ren­der Tier­ärz­te e. V.

CDU/CSU

Deut­scher Bau­ern­ver­band e. V.

FDP

Vier Pfo­ten – Stif­tung für Tier­schutz (Rü­di­ger Jür­gen­sen, Di­rek­tor Po­li­tik und Interessenvertretung)

Die Lin­ke


  1. sie­he: Deut­scher Bun­des­tag, Druck­sa­che 256/24, https://dserver.bundestag.de/brd/2024/0256-24.pdf 
  2. Deut­scher Bun­des­rat, Druck­sa­che 256/24, Stel­lung­nah­me, 5.7.24, https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0201-0300/256-24(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1} 
  3. Deut­scher Bun­des­tag, Ple­nar­pro­to­koll 20/188, Sei­te 24434 ff., https://dserver.bundestag.de/btp/20/20188.pdf#P.24434 
  4. Auf­zeich­nung der öf­fent­li­chen An­hö­rung des Aus­schus­ses für Er­näh­rung und Land­wirt­schaft, 14. Ok­to­ber 2024, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw42-pa-ernaehrung-tierschutz-1022530 
  5. Con­stan­ze Ha­cke, Bun­des­zen­tra­le für po­li­ti­sche Bil­dung: „Steu­ern dür­fen zu­dem nicht zweck­ge­bun­den sein: Je­der Steu­er-Euro fließt un­ab­hän­gig von der Steu­er­art in die Ge­samt­mas­se des Haus­halts, aus dem wie­der­um alle Aus­ga­ben fi­nan­ziert wer­den.“ https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/steuern-und-finanzen-288/147061/grundsaetze-der-steuerpolitik/; zu­letzt ab­ge­ru­fen am 3.11.2024 
  6. Deut­scher Bun­des­tag, Ple­nar­pro­to­koll 20/188, Sei­te 24442, https://dserver.bundestag.de/btp/20/20188.pdf#P.24442 

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