Warnung
In diesem Artikel zeigen wir ausnahmsweise Fotos von freilebenden Katzen in teils grauenhaftem Zustand. Diese Aufnahmen, die alle aus Mannheim stammen, sind nicht für Kinder und nur bedingt für zarte Gemüter geeignet. Erst bei Mauskontakt mit den zuerst unscharf dargestellten Fotos werden sie angezeigt.
Erste Ergebnisse unserer Umfrage bei den Mannheimer OB-KandidatInnen deuten sich an. Das ist von mir bewusst vorsichtig formuliert — und so verhalten sich wohl auch die KandidatInnen. Der Eindruck verdichtet sich: Besser nichts falsch machen, vielleicht sogar besser gar nichts machen, denn es könnte Stimmen kosten.
Ich könnte mittlerweile über eine handvoll Nebengeschichten zu unserer Umfrageaktion schreiben, manche davon sind mehr, manche weniger interessant. Die hebe ich mir aber besser für später auf. Hier und jetzt soll es — dreieinhalb Wochen vor der Wahl — um politische Befindlichkeiten gehen. Doch zuerst:
Die gute Nachricht
Der Verhinderer einer „echten“ Katzenschutzverordnung, SPD-Oberbürgermeister Kurz, der mit einer leisen Drohung eines Vetos den gesamten Mannheimer Stadtrat „auf Linie“ brachte, tritt nicht mehr an. Ob sich dadurch etwas zum Positiven bewegen wird? Vielleicht wird alles beim Alten bleiben, weil das Kurz’sche Netzwerk gut gespannt ist?
Die schlechten Nachrichten
Dass alles beim alten bleibt, ist tatsächlich zu befürchten, wie beim letzten Runden Tisch zum Thema Katzenschutz zu beobachten war. Peer-Kai Schellenberger (Abteilungsleitung des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung) saß der Online-Runde vor. Seine Vorstellung von dieser Veranstaltung war, dass diverse Einzelfälle durchgekaut werden.
Das ist eine kluge Strategie, wenn man statt grundlegender Fortschritte die TeilnehmerInnen mit endlosen Details in einen schläfrigen Dämmerzustand versetzen will. Und diese Strategie war weitgehend erfolgreich.
Allerdings: Es gab immerhin einen spannenden Moment. Kurzzeitig erdreistete ich mich, aus dem Einerlei auszubrechen und stellte die PfdK-Position dar. Dabei lag mein Schwerpunkt darauf, dass die schweren rechtlichen Bedenken, die der amtierende Oberbürgermeister Kurz gegen die Einführung einer Kastrationspflicht für Freigänger stets anbringt, von mehr als 40 Kommunen in Baden-Württemberg nicht geteilt würden.
Schellenberger war etwas verunsichert und stellte die — wohl eher rhetorisch gedachte — Frage, warum man denn in Mannheim keine „echte“ Katzenschutzverordnung erliesse, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorlägen. Wenn das alles so klar wäre, so Schellenberger, dann hätte man doch längst eine Kastrationspflicht!
Ich meldete mich, um eine wohl ebenso unerwartete wie unerwünschte Antwort zu geben, die ich hier kurz zusammenfasse:
Meiner Überzeugung nach — und die basiert auf der Erfahrung in vielen Katzenschutzprojekten, die ich begleitet habe — haben PolitikerInnen häufig einfach kein Interesse an einer solchen Verordnung, weil sie damit ihre Klientel vor den Kopf stießen. Rechtliche Bedenken werden gerne vorgeschoben — aber nie substantiiert begründet.
Die Einführung einer Katzenschutzverordnung bedeutet jedoch, dass jahrzehntelange Gewohnheiten geändert werden müssen. Ehrbare ParteigängerInnen sollen ihre Freigängerkatzen plötzlich kastrieren lassen, anstatt sie wie gewohnt zu ersäufen? So etwas kommt bei einer konservativen Anhängerschaft nicht gut an. Natürlich wird von den verantwortlichen PolitikerInnen befürchtet, dass eine Katzenschutzverordnung bei der nächsten Wahl zu Stimmenverlusten führen könnte!
Unvorstellbar!
Schellenbergers Position zu meiner Antwort lag irgendwo zwischen erstaunt und entrüstet. Er behauptete ernsthaft, dass er sich das nicht vorstellen könne und es für Mannheim auch keinesfalls zuträfe. Natürlich ginge es allen Verantwortlichen immer nur um das Tierwohl. Politisches Taktieren gäbe es nicht, das könne er versichern.
Mein immer noch durch die vielen vorangegangenen Katzenfall-Details ermattetes Hirn kam auf nicht viel mehr als drei Gedanken zur Aussage Schellenbergers:
- Ist der Mann wirklich so blauäugig, dass er sich kein Taktieren in der Politik vorstellen kann?
- Ist eine Person als Ordnungsamtsleiter geeignet, die einfachste politische Überlegungen als nicht existent einschätzt?
- Sollte Schellenberger nicht besser einen VHS-Kurs „Schauspiel für Anfänger“ belegen? Diese Aufführung war nun wirklich ein erbärmliches Trauerspiel.
Nun stehen in Mannheim Wahlen an — und bereits bei der Diskussion im Jahr 2022, als man die untaugliche Vorlage diskutierte, die dann im Dezember beschlossen wurde, lag die kommende Wahl bereits sehr präsent in der Luft.
Längst war die Runde wieder zurück bei bedauerlichen Einzelschicksalen, da dachte ich erschöpft: Wer ernsthaft behauptet, dass politisch-taktische Erwägungen keine Rolle in dem Mannheimer Katzendrama spielten, dürfte auch von der Existenz von Einhörnern überzeugt sein. Gerade noch konnte ich mir verkneifen, einen Runden Tisch zum Thema Einhörner anzuregen.
Hoffen wir, dass die oder der neue OB fähiger sein wird und fähigere Leute in die Verwaltung bringt. Und genau da bin ich bei unserer Umfrage: Was dürfte zu erwarten sein von den KandidatInnen? Werden sie das wuppen?
Abwarten — und wählen
Der SPD-Kandidat Torsten Riehle hat als zweiter auf unsere Fragen geantwortet. Es besteht eine leise Hoffnung. Aber eben nur eine leise, denn seine Position ist vage: Man werde im Sommer prüfen. Ein Veto — wie das seines Parteikollegen Kurz — schließt er allerdings aus.
Auch der CDU-Mann Christian Specht hält sich eher bedeckt: „Abwarten“, so sind seine Zukunftsaussichten in Sachen Katzenkastration. So ganz nebenbei disqualifiziert er sich allerdings dadurch, dass er offensichtlich den Unterschied zwischen Freilebenden und Freigängern (immer noch) nicht begriffen hat.
Thomas Bischoff (Die Partei) will offenbar ebenfalls nichts falsch machen und antwortet — ja, was eigentlich? Inhaltlich sind seine hingeworfenen Brocken absolut irrelevant. Sie sollen aber wohl lustig wirken — was auf bedrückende Art misslingt, wenn man das unsägliche Katzenleid kennt.
Besser nichts machen!
Und die anderen KandidatInnen? Mehr als zwei Wochen später kommt von dort nichts. Ist das nun besser als die vagen Reaktionen der uns vorliegenden Antworten?
Weil wir sorgfältig sind, haben wir die KandidatInnen, für die bisher Schweigen die Antwort auf das Leiden der Katzen war, nochmal erinnert. Vielleicht können wir so ja noch eine Aussage bekommen, die der Position „besser nichts machen“ etwas Substantielles entgegen setzt?
Meta
Bei vielen Bewerbungsgesprächen wird zu Recht auf Meta-Fähigkeiten der KandidatInnen geachtet. Wenn wir unsere Anfrage als Teil der Bewerbung für die OB-Wahl sehen, dann steht es schlecht um diese Meta-Fähigkeiten des zukünftigen Stadtoberhaupts:
Entweder wird die oder der OB im Zweifel
- Themen nach Gutdünken ausblenden,
- Klientelpolitik statt Sachpolitik bevorzugen oder
- möglichst vage bleiben, um keine Position beziehen zu müssen.
Alle drei Varianten sind nichts, was man den MannheimerInnen wünschen mag.
Währenddessen leiden und sterben die Katzen. Die diversen Berichte darüber werden von den aktuell Verantwortlichen als „nicht ausreichend“ eingestuft.
Es ist zu befürchten, dass das bedenkliche Verständnis von Tierschutz in Mannheim, das in der Stadt seit Jahren herrscht, auch nach der Wahl fortdauern wird.
Eklatanter Verstoß gegen Tierschutz durch die Stadt Mannheim
Den Verantwortlichen sind die elendigen Zustände, die die hier gezeigten Fotos belegen, seit Jahren bekannt. Die Fotos stellen lediglich einen Bruchteil der dokumentierten Fälle in Mannheim dar.
Den Verantwortlichen sind folglich auch die Umstände bekannt, unter denen viele freilebende Katzen in Mannheim leben und sterben. Mannheimer KatzenschützerInnen beklagen dies seit vielen Jahren. Trotzdem meint die Stadt nach wie vor, das Problem ließe sich ohne eine Kastrationsverordnung lösen.
Gegenteilige Aussagen von Fachleuten, wie beispielsweise der baden-württembergischen Tierschutzbeauftragten, werden von der Stadt konsequent ignoriert.
Lesen Sie mehr auf unseren detaillierten Seiten zur Frageaktion an die Mannheimer OB-KandidatInnen: