Im Sommer/Herbst 2021 versuchte die Fraktion der Linken eine Katzenschutzverordnung in der Stadt Lauterbach zu etablieren. Die Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung brachte nicht die notwendige Mehrheit, der Antrag wurde abgelehnt.
Hier dokumentieren wir den uns bekannten Ablauf in Lauterbach:
2020
16. März 2020
Anke Feil von Politik für die Katz‘ initiiert einen Runden Tisch im Vogelsbergkreis zum Thema Katzenschutzverordnung. Mehr als 30 interessierte TierschützerInnen und Mitarbeiter aus der Verwaltung nahmen teil. Hinsichtlich Lauterbach wurde bemerkt, dass es schwierig sei, im Sinne der Tierschützer Gehör zu finden.
In einem Zeitungsbericht des Lauterbacher Anzeigers wird ausgeführt:
Aus der Diskussionsrunde wurde darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit einer Katzenschutzverordnung hieb- und stichfest begründet sein müsse. Denn die Zwangskastration von Katzen sei auch ein Eingriff in das Eigentumsrecht. Da sei mit Klagen zu rechnen.
Hier deutete sich bereits die Richtung an, mit der in Lauterbach eine Katzenschutzverordnung verhindert werden sollte. (Anmerkung: Bis ins Jahr 2023 sind PfdK bundesweit keine Klagen gegen eine Katzenschutzverordnung bekannt.)
2021
3. September 2021
Die Fraktion der Linken stellt in der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag, der die Einführung einer Katzenschutzverordnung für Lauterbach zur Folge haben soll:
- Der Magistrat trifft die notwendigen Vorarbeiten zur Verabschiedung einer Katzenschutzverordnung (vgl. auch 13b Tierschutzgesetz), so wie dies in anderen Städten (Homberg, Alsfeld) des Vogelsbergkreises bereits geschehen ist.
- Nach festgestellter Notwendigkeit wird der Magistrat aufgefordert eine entsprechende Katzenschutzverordnung zu beschließen. Eine solche Verordnung soll vorschreiben, dass Katzen gechipt und registriert werden. Kater müssen auf Kosten des Tierhalters / der Tierhalterin sterilisiert, Katzen kastriert werden. Als Beispiel könnte die beigefügte Katzenschutzverordnung der Stadt Alsfeld dienen.
Dazu ist zu bemerken, dass der Antrag bestenfalls als „unglücklich formuliert“ bezeichnet werden kann. Die antragstellende Fraktion hat sich weder in Sachen Tierschutz ausreichend zum Thema kundig gemacht (eine Sterilisation sollte nicht erfolgen, vielmehr Kastrationen), noch vom Verfahren her einen guten Weg gewählt hat. Insbesondere ist zu bemängeln:
- Hinsichtlich des Themas Kastration oder Sterilisation verweisen wir beispielhaft auf die Ausführungen von Findefix.
- Eine Katzenschutzverordnung kann in Hessen vom Magistrat beschlossen werden. Eine Behandlung des Themas in der Stadtverordnetenversammlung ist nicht notwendig. Warum hat die Antragstellerin nicht den „kurzen Weg“ gewählt? Sollt es Gründe gegeben haben, die eine Behandlung in der Stadtverordnetenversammlung rechtfertigen, so sind uns diese nicht bekannt.
- Wenn der Antrag in der Stadtverordnetenversammlung behandelt wird, dann bedarf es nach Überzeugung von Politk für die Katz‘ einer konkreten Beschlussvorlage samt schlüssiger Begründung. Beides lag hier nicht vor. Ein „macht mal was“ ist nicht ausreichend und eventuell sogar kontraproduktiv.
20. September 2021
Die Linke ergänzt ihren Antrag vom 3. September 2021. Der Antrag soll nun an den Hauptausschuss überwiesen werden sowie zu dieser Ausschusssitzung ein Experte vom Lauterbacher Tierschutzverein geladen werden.
5. November 2021
Der Antrag wurde im Hauptausschuss behandelt. Politik für die Katz‘ hatte zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis des Antrags.
In einem Zeitungsbericht, der uns vorliegt, wurde das Abstimmungesergebnis genannt:
- dafür: 4 Stimmen
- dagegen: 4 Stimmen
- Enthaltungen: 3 Stimmen
Schon hier musste es klar geworden sein, dass das Anliegen kein Selbstläufer in der Stadtverordnetenversammlung werden würde. Eine bessere Vorbereitung wäre wünschenswert gewesen.
17. November 2021
Politik für die Katz‘ wurde auf die anstehende Entscheidung erst wenige Tage vorher aufmerksam: Wir wurden auf einen Zeitungsartikel hingewiesen. Daraufhin nahmen wir Kontakt mit den Antragstellenden auf und versorgten sie mit mit grundlegenden Informationen. Der Wortlaut des Antrag war uns nicht bekannt. Einen Einfluss auf den Antrag konnten wir deshalb nicht mehr nehmen.
In der Sitzung waren wir anwesend:
Die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung
Vor allem die ablehnende Haltung des Bürgermeisters zu einer Katzenschutzverordnung war unverkennbar. Er zeichnete das Bild einer „drei bis fünfjährigen, kostenintensiven Erhebungsphase“, die die Stadt Lauterbach zu leisten hätte. Diese absurde Aussage blieb unerklärlicherweise von den Befürwortenden Stadtverordneten unwidersprochen.
Das Ergebnis der Abstimmung war wenig überraschend: 14 Stimmen dagegen, 13 dafür und ein paar Enthaltungen führten zur Ablehnung des Antrags.
Wie kann es weitergehen?
Das Thema dürfte nicht vor einem Jahr wieder auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung gesetzt werden — § 14 der Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung und die Ausschüsse der Kreisstadt Lauterbach erschwert es, das Thema vorher wieder einzubringen.
18. November 2021
Politik für die Katz‘ veröffentlicht eine Pressemitteilung zum Lauterbacher Sachverhalt. Auch wenn es klar ist, dass das Thema für Lauterbach erst einmal von Tisch ist: Wir wollten die absurden Aussagen in der Stadtverordnetenversammlung herausarbeiten und auf die Mängel in der Wahrnehmung der Verantwortlichen hinweisen. Ein Zitat aus unserer Stellungnahme:
Man ist [in Lauterbach] nicht bereit, den Empfehlungen derjenigen zu folgen, die sich eingehend mit dem Thema beschäftigt haben. Fachleute in hessischen Ministerien bis hin zu den lokalen TierschützerInnen, lassen keine Zweifel daran, dass eine Katzenschutzverordnung die Situation entscheidend verbessert. Warum nimmt man diese fachkundigen Stimmen nicht ernst in Lauterbach?
Fazit
So sehr das Engagement der antragstellenden Fraktion begrüsst werden muss: Ein besser formulierter Antrag, eine bessere Vorbereitung auf die „Argumente“ der Gegner und vor allem eine beherzte Widerrede gegen das konstruierte Vorbringen des Bürgermeisters wären hilfreich gewesen.
Ob man die Fraktion des Bürgermeisters zu einer Änderung des Abstimmungsverhaltens hätte bewegen können? Das bleibt unklar — aber es war ersichtlich, dass viele Stadtverordnete sich der Zuständigkeit und des Auftrags, das im Grundgesetz verankerte Tierwohl umzusetzen, nicht bewusst waren.