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Katzenschutz in Marl, Nordrhein-Westfalen

Wie geht’s denn so in Marl, Frau Lehmann?

von | 2. April 2022

Con­ny Leh­mann ist Kat­zen­schutz-Ak­ti­vis­tin in Marl, Nord­rhein-West­fa­len. Seit ein paar Jah­ren küm­mert sie sich in en­ger Zu­sam­men­ar­beit mit dem Tier­heim Marl um die vie­len Streu­ner­kat­zen im Che­mie­park und dem rest­li­chen Stadt­ge­biet. Wir von Po­li­tik für die Katz‘ (PfdK) ha­ben sie dazu be­fragt, ob und wie die Stadt die­ses En­ga­ge­ment unterstützt.

Po­li­tik für die Katz‘: Con­ny, un­ter­stützt die Stadt Marl Euch bei der Kas­tra­ti­on und/oder Ver­sor­gung der Streunerkatzen?

Con­ny: Nein. Un­ter­stüt­zung von der Stadt Marl er­hält das Tier­heim für die Kas­tra­ti­ons- und Ver­sor­gungs­kos­ten nicht. Die In­itia­ti­ve „Streu­ner­kat­zen Marl“ wird fast kom­plett aus pri­va­ten Spen­den fi­nan­ziert. Le­dig­lich ein klei­ner Zu­schuss kann beim LANUV be­an­tragt wer­den. Das be­deu­tet: Marl ent­zieht sich sei­ner Ver­ant­wor­tung, sich um die­se so­ge­nann­ten „her­ren­lo­sen“ Fund­tie­re zu küm­mern, ob­wohl der Ver­wal­tung die­se Pro­ble­ma­tik be­kannt ist.

Da­bei ist recht­lich ge­se­hen jede auf­ge­grif­fe­ne Kat­ze ein Fund­tier, denn alle Streu­ner stam­men letzt­lich von Haus­kat­zen ab. Hier wird lei­der – mei­ner Mei­nung nach – aus Des­in­ter­es­se und viel­leicht auch aus fi­nan­zi­el­len Grün­den ein Un­ter­schied gemacht.

PfdK: Du hast er­zählt, dass es be­reits eine Kas­tra­ti­ons­pflicht für Frei­gän­ger auf Ba­sis ei­ner ord­nungs­be­hörd­li­chen Ver­ord­nung zur Ge­fah­ren­ab­wehr in der Ge­mein­de gibt. Das ist doch schon mal sehr gut! Aber wird die denn durch­ge­setzt, wenn ihr un­kastrier­te Be­sit­zer­kat­zen aufgreift?

Con­ny: Lei­der nein. Das ist ja das Är­ger­li­che. Ge­ra­de kürz­lich ha­ben wir mehr­mals nach­ein­an­der ei­nen un­kas­trier­ten Ka­ter, der ei­nen Be­sit­zer hat, auf­ge­grif­fen. Der Be­sit­zer muss zwar die Un­ter­brin­gungs- und Ver­sor­gungs­kos­ten be­zah­len, aber letzt­lich muss auch das Ord­nungs­amt hier tä­tig wer­den und ein Buß­geld er­he­ben. Dies ist in der ord­nungs­be­hörd­li­chen Ver­ord­nung der Stadt Marl vom 25.03.1998 ge­re­gelt und muss nur an­ge­wen­det werden!

PfdK: Als Ar­gu­ment ge­gen sol­chen Ver­ord­nun­gen wird ja oft ge­sagt, dass sie wir­kungs­los sein. Aber ob sie ein zahn­lo­ser Ti­ger oder ein wirk­sa­mes In­stru­ment sind, liegt dann in den Hän­den der Verwaltung?

KatzentattooCon­ny: Ja, rich­tig. Dem Tier­schutz sind hier die Hän­de ge­bun­den. Der muss über Spen­den viel Geld auf­brin­gen, um sich um die vie­len Streu­ner­kat­zen und de­ren Nach­wuchs küm­mern zu kön­nen. Und der Tier­schutz „darf“ im­mer wie­der zu­se­hen, wie un­kastrier­te Be­sit­zer­kat­zen – ob­wohl es in Marl eine Kas­tra­ti­ons­ver­ord­nung gibt – für im­mer wei­te­ren Streu­ner­kat­ze­nach­wuchs sor­gen. Es ist für uns hoch­gra­dig frus­trie­rend, wenn den­je­ni­gen, die von Amts we­gen sehr ein­fach für we­ni­ger Tier­leid sor­gen könn­ten, hier un­tä­tig sind.

Ich for­de­re, dass sich das end­lich än­dert und die­se Be­sit­zer zur Re­chen­schaft ge­zo­gen wer­den. So wie es die be­stehen­de Ver­ord­nung schon seit lan­gem vor­sieht! Wenn ein Au­to­fah­rer ge­blitzt wird, be­kommt er ei­nen Buß­geld­be­scheid. War­um soll­te dies bei Ver­stö­ßen ge­gen die Kas­tra­ti­ons­pflicht nicht auch so sein ? Aus mei­ner Sicht be­deu­tet dies auch kei­nen Ein­griff in Per­sön­lich­keits­rech­te, denn die Kas­tra­ti­ons­pflicht be­zieht sich ja nur auf Frei­gän­ger­kat­zen. Wer sei­ne un­kas­trier­ten Kat­zen im Haus oder im ge­si­cher­ten Gar­ten be­hält, ist ja in keins­ter Wei­se be­ein­träch­tigt. Wer aber da­ge­gen ver­stößt, muss ein Buß­geld be­zah­len und sei­nen Frei­gän­ger kas­trie­ren las­sen. Ist doch ganz ein­fach, oder?

PfdK: Ja. Es wäre in­ter­es­sant die of­fi­zi­el­le Be­grün­dung zu hö­ren, war­um die Kas­tra­ti­ons-Ver­ord­nung nicht durch­ge­setzt wird. Aber war­um for­derst du dann ei­gent­lich noch eine Katzen­schutz­ver­ord­nung? Was wür­de das ändern?

für eine Katzenschutzverordnung: Conny Lehmann, MarlCon­ny: Eine Katzen­schutz­ver­ord­nung geht weit über die be­stehen­de Kas­tra­ti­ons­pflicht hin­aus. Rechts­grund­la­ge ist hier das der § 13b Tier­schutz­ge­setz. Die Katzen­schutz­ver­ord­nung hat den Schutz frei­le­ben­der Kat­zen im Fo­kus. Das Ziel ist, de­ren An­zahl zu ver­min­dern und in Fol­ge das da­mit ver­bun­de­ne Leid wie Krank­hei­ten, Hun­ger, Ver­wahr­lo­sung und elen­der Tod.

Der ers­te gro­ße Schritt für wirk­sa­men Kat­zen­schutz wäre: Die Stadt er­kennt das Pro­blem mit den Streu­ner­kat­zen an und nimmt gleich­zei­tig end­lich die Ver­ant­wor­tung für ihre Auf­ga­be bei Streu­ner­kat­zen als Fund­kat­zen wahr. Ge­ziel­te Ak­tio­nen des Tier­schut­zes wer­den un­ter­stützt, da die Stadt die glei­chen In­ter­es­sen wie der Tier­schutz hat: Die An­zahl der Streu­ner­kat­zen zu ver­rin­gern. Das er­reicht man lang­fris­tig nur mit ei­ner Kas­tra­ti­ons-, Kenn­zeich­nungs- und Re­gis­trie­rungs­pflicht für Frei­gän­ger­kat­zen mit der kon­se­quen­ten Ver­hän­gung von ent­spre­chen­den Bußgeldern.

PfdK: Wer ist denn bei Euch zu­stän­dig für den Er­lass ei­ner sol­chen Katzenschutzverordnung?

Con­ny: Nord­rhein-West­fa­len hat die Ver­ant­wor­tung für die Durch­füh­rung von § 13b Tier­schutz­ge­setz auf die un­te­ren Ve­te­ri­när­be­hör­den der Krei­se über­tra­gen. Für Marl ist so­mit das Kreis­ve­te­ri­när­amt in Reck­ling­hau­sen zuständig.

PfdK: Con­ny, ver­rätst Du uns noch, wie vie­le Kat­zen Du schon ein­ge­fan­gen hast?

Con­ny: In den letz­ten drei Jah­ren füh­re ich Lis­ten. In der Zeit wa­ren es 223 Kat­zen, die ich ge­si­chert habe. Es wä­ren be­stimmt 50 mehr, wenn wir die Auf­nah­me­ka­pa­zi­tä­ten im Tier­heim hätten.

PfdK: Dan­ke, für das In­ter­view! Wir hof­fen auf Ein­sicht so­wohl bei der Stadt­ver­wal­tung Marl und auch bei der Kreis­ver­wal­tung Reck­ling­hau­sen, dass die Not der Streu­ner­kat­zen real und durch Men­schen ge­macht ist. Die gute Nach­richt ist, dass wir Men­schen die­se be­son­de­re Not durch ver­ant­wor­tungs­vol­les Han­deln, näm­lich der Kas­tra­ti­on un­se­rer Frei­gän­ger-Kat­zen, lin­dern können.

Das In­ter­view mit Con­ny Leh­mann führ­te Anke Feil.

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